Seit nun schon drei Jahrzehnten gelten die edlen Instrumente aus dem Hause PRS den einen als heiliger Gral moderner Gitarrenbaukunst, den anderen als exklusive Sammelobjekte oder Luxusspielzeug einer unverschämt zahlungskräftigen Klientel. An den unbestrittenen Qualitäten der High-End-Produkte gab es eigentlich nie was zu deuteln. Doch für die meisten Musiker blieb so ein Instrument eben bestenfalls ein Wunschtraum – bis zur Einführung der preisgünstigen SE-Modelle im Jahre 2001.
Kein Geringerer als Carlos Santana, PRS-Endorser der ersten Stunde, hatte seinerzeit die Sache ins Rollen gebracht. Schnell konnte die koreanische SE-Line sich im unteren Preisbereich etablieren. Seither wächst und gedeiht sie; dennoch blieb eine Lücke im PRS-Sortiment zurück. Denn viele Gitarristen mochten sich nicht mit einer Fernost-PRS zufriedengeben. Unlängst wurden diese Rufe nun erhört. Und so definieren die wie ihre edlen Schwestern im Stammwerk in Stevensville im Bundesstaat Maryland gefertigten S2-Modelle ab sofort die neue Mitte.
Dabei hatte sich der Hersteller keine leichte Aufgabe gestellt: Die Verbindung traditioneller PRS-Qualitäten und straffer Kostenkalkulation erforderte eine gewisse Anpassung, von der Materialauswahl bis hin zur Vereinfachung gewisser Fertigungsabläufe. Dabei hatte man immer im Auge, dass das Endergebnis dennoch stets das erwartete Flair und Qualitätsniveau zu halten hat. Ein Spagat, denn mit einer „billigen“ PRS hätte man sich und den Kunden ja keinen Gefallen getan.
Nun, nach dem ersten Probelauf mit den S2-Testmodellen darf man dem Hersteller saubere Arbeit attestieren. Die Rechnung geht ganz offenbar tatsächlich auf. Die Instrumente spielen sich weitgehend wie eine typische PRS und sie klingen auch so. Gute Klanghölzer wurden hier souverän verarbeitet und zu perfekt bespielbaren Instrumenten zusammengesetzt. Erst bei genauerem Hinsehen merkt man, dass Hardware und Elektronik gegenüber den regulären Modellen einfacher gehalten sind.
Aus Sicht des Spielers wirken sich diese Sparmaßnahmen aber glücklicher Weise kaum aus. Abgespeckt wurden in erster Linie einige optische Details. So gibt es hier statt aufwändig dreidimensional konturierter Decken eben weitgehend flache Korpusoberflächen. Diese werden mit einer (aus ergonomischen Gründen) leicht asymmetrischen umlaufenden Fräsung versehen. Auch so kommen Spielkomfort und das Auge des Betrachters nicht zu kurz.
Apropos, die 11 mm starke Ahorndecke der S2 Custom 24 kommt natürlich mit dem optional erhältlichen Transparent-Finish über massivem Riegelahorn noch opulenter daher. Die charakteristischen „Bird“-Inlays gehören ja eh schon zur Serienausstattung. Gut, die sind hier nicht aus kostbarsten Materialien gefertigt. Aber sauber und akkurat eingesetzt zieren sie das Palisandergriffbrett doch aufs Angenehmste. Und für knapp 100 Euro Aufpreis gibt es das auch für die generell etwas schlichtere S2 Mira.
Baulich haben die beiden S2s viel gemeinsam. Die Basiskonstruktion besteht jeweils aus Mahagoni mit einem eingeleimten, rundlich geformten Hals aus dem gleichen Material. „Pattern Regular“ heißt diese angenehm kräftige C-Form im PRS-Jargon, wobei der Übergang zwischen Body und Neck schön ergonomisch geformt ist. Die Mensur beträgt erwartungsgemäß PRS-typische 635 mm, und die klassischen Headstocks tragen die hauseigenen Locking-Tuner.
Beide Modelle sind mit zwei speziellen PRS S2-Humbuckern ausgerüstet, die über einen Dreiwegschalter (à la Telecaster), Volume und Tone-Poti mit integrierter Push-Pull-Funktion zum Splitten der Doppelspuler verwaltet werden. Diese übersichtliche und schnelle Schaltung lässt die Anwahl der Pickups entsprechend flott über die Bühne gehen. Allerdings sind mir persönlich die Schalter schon zu leichtgängig. Stößt man nur mal mit dem kleinen Finger dagegen, springen sie schon aus der Position.
Schwergängig gibt sich dafür das Push-Pull-Poti, vor allem bei der Mira. Und da wir schon am Meckern sind: Beim Umhängen erweist sie sich als spürbar kopflastig. Das liegt zum einen an dem kürzeren oberen Cutaway, zum anderen und wesentlichen aber an ihrer größten Stärke: Sie ist nämlich bei gleicher Korpusdicke viel leichter als das Custom-Modell! Gut, letztere hat eine Ahorndecke und ein Vibratosystem. Aber so ein deutlicher Unterschied bei so ähnlicher Bauweise erstaunt dann doch.
Offenbar hat man bei der S2 Mira alles weggelassen, was nicht unbedingt sein muss. Statt „Bird“-Inlays trägt das ein wenig spröde Palisandergriffbrett einfache „Dots“; Pickups, Regler und Schalter sind allesamt direkt in das geschwungene Pickguard montiert. Die einteilige Wraparound-Bridge ist ein leichtes Aluminiumgebilde, das von zwei kräftigen Messing-Schrauben gehalten wird. Klanglich verspricht das eine knackige Ansprache plus solides Sustain. Und damit kennt man sich ja bei PRS aus.
Akustisch stellt „Mira“ das direkt unter Beweis. Ihr Klang entfaltet sich schnell, mit einem holzigen Unterton und schwingt schön gleichmäßig aus. Dabei erinnert der durchdringende, trotzdem luftige Charakter an eine Gibson Melody Maker oder Les Paul Junior. Kein Wunder, sind das doch genau die Instrumente, die der junge Paul Reed Smith sich anfangs zum Vorbild nahm. Am Amp knurrt, jault und beißt die S2 Mira wie ein Wachhund, bleibt aber folgsam, sofern man die nötige Autorität aufbringt.
Der Hals-Pickup tönt eher wuchtig als weich, der Steg-Pickup unverblümt direkt. Nur im Kombibetrieb stellt sich so etwas wie „freundlicher Wohlklang“ ein. Klanglich liegen die drei Schalterpositionen nah beieinander. Wie von allein spielt diese Mira keinesfalls, ist also wie gemacht für den gereiften Bluesman, der seinen Ton in den Fingern hat und sein Instrument zu nehmen weiß. Am besten klingt das kleine Raubein dabei an einem Verstärker britischer Prägung mit einem ordentlichen Schuss Gain.
Miras Spielfeld liegt irgendwo zwischen semi-cleanem Rockabilly und saftigem Hardrock-Crunch. Komprimierte Midscoop-Sounds und derbe NuMetal-Salven sind nicht ihre Sache. Dann schon lieber Punk- oder fuzzy Noise-Rock à la Neil Young. Auch typische Funk- oder Pop-Sounds macht sie nur bedingt mit. Da hilft selbst das Splitten der Humbucker wenig, weil die Einzelspulen insgesamt eher kantig und harsch agieren. Zu rau und zu eigen erscheint ihre Stimme für solch stereotype Sound-Schubladen.
Doch der geneigte Top-40- oder spezialisierte Lead-Player dürfte ohnehin die schnittigere S2 Custom 24 bevorzugen. Hier gibt es schließlich zum klassischen PRS-Design nicht nur zwei Bünde mehr, sondern auch ein leichtgängiges und dennoch stimmstabiles Vibratosystem sowie eine Extraportion Biss, der Ahorndecke sei Dank. Durch das höhere Kampfgewicht hängt sie auch gleich in optimaler Spielposition und alles sitzt einfach am richtigen Fleck – Plug & Play in Perfektion!
In Sachen Sound spricht diese Custom ebenfalls eine deutlich andere Sprache als die rotzfreche Mira. Akustisch dichter und metallischer, aber geschmeidiger und mit längerem Sustain ausgestattet, erweist sich ihr Klangverhalten auch am Verstärker als geradezu vorbildlich. Der Vintage-Bass-Humbucker am Hals klingt clean, sehr breit aber dennoch schön transparent; im Overdrive-Betrieb dann sahnig und rund, ohne zu matschen. Und gesplittet liefert er auch noch eine mehr als ordentliche Single-Coil-Interpretation ab, cool!
Sein HFS-Kollege in der Stegposition kann in Sachen Ausgangsleistung kräftig vom Leder ziehen, ist aber kein eindimensionaler Schreihals, im Gegenteil. Sein fetter, gediegener Klangcharakter liegt noch auf der bluesigen Seite des Zauns. Er reagiert feinfühlig auf den Anschlag, lässt eine gepflegte Tonformung zu und versprüht reichlich Obertöne. Klarer Fall, dieser Tonabnehmer ist ein Traum für jeden Lead-Gitarristen, egal ob Blues, Metal-Shredding oder Fusion angesagt sind.
Zusätzlich punktet er mit kompakten, selbst bei High Gain sauber definierten Rhythmus-Sounds, die Riffs auf den Bass-Saiten zielgenau im Band-Mix platzieren. Gesplittet wirkt er solo zwar ein wenig dünn und hart. Dafür klingt die Mittelposition des Dreiwegschalters wieder besonders frisch und perkussiv. Damit geht nun stilistisch wirklich alles: traditionell oder modern, clean oder crunchy, knackig oder beinhart. Die Grenzen bestimmt der Spieler, nicht das Instrument.
Wie man sich doch täuschen kann! Eigentlich hätte die schnörkellose S2 Mira im schneeweißen Finish mit ihrer grundsoliden, leichten Konstruktion, dem Einteilersteg und dem „kurzen“ Hals mit 22 Bünden exakt in mein gewohntes Beuteschema gepasst. Nur, irgendwie sprang der Funke zwischen uns nicht über. Die widerspenstige Mira zeigte mir die kalte Schulter und dass ich musikalisch doch nicht so geradlinig bin, wie ich angenommen hatte. So trennten wir uns respektvoll wieder voneinander.
Dafür überraschte mich die schicke S2 Custom 24 mit einem grandiosen Auftritt. Das lag aber nicht an ihrer Vintage-korrekten „Antique White“-Lackierung, sondern an ihren inneren Werten. In Sachen Klang und Haptik kam sie nämlich einem zu Vergleichszwecken hinzugezogenen regulären PRS-Modell verblüffend nahe. Klanglich extrem flexibel, dazu makellos bespielbar und mit einem feinfühligen Vibratosystem bestückt, erwies sich dieses Powerpaket als ungemein inspirierend.
Einziges Manko: Bei hohen Gain- und Volume-Settings neigten die Pickups der Custom 24 zu leichter Mikrophonie, was ich bei PRS bislang nicht gehört hatte, selbst bei den günstigen koreanischen SE-Modellen nicht. Vermutlich nur ein Ausrutscher und kein Serienproblem! Denn klanglich konnten die Aggregate wirklich voll überzeugen.
Insgesamt sind beide S2-Modelle wahre Schnäppchen, trotz der etwas knauserig anmutenden Gigbags. Vielleicht sollte man für einen kleinen Aufpreis wahlweise einen soliden Koffer dazu anbieten. So oder so, Musiker, denen Sound und Gesamt-Performance wichtiger sind als eine opulente Optik oder die Präsentation von Statussymbolen, sollten hier auf jeden Fall eine Testfahrt wagen.
PRS S2 Mira
Typ | raubeiniger Retro-Rocker |
---|---|
Bauweise |
Solidbody E-Gitarre
|
Korpus |
Mahagoni
|
Hals |
Mahagoni, geleimt, rundlicher C-Querschnitt (PRS „Pattern Regular“)
|
Griffbrett |
Palisander, 10“-Radius; 22 Medium-Jumbo-Bünde
|
Mensur | 635 mm |
Halsbreite (Sattel)/12. Bund | 42,5 mm/53 mm |
Halsdicke 1. Bund/10. Bund | 19 mm/22 mm |
Mechaniken | PRS S2 Locking Tuner (14:1-Übersetzung) |
Sattel | Kunststoff (selbstschmierend) |
Brücke |
PRS Wraparound Stoptail
|
Tonabnehmer |
S2 Mira Bass (Hals) & S2 Mira Treble (Steg) |
Kontrollfeld |
Volume, Tone (Push-Pull für Humbucker-Split), Dreiwegschalter |
Besonderheiten | Bird-Inlays gegen Aufpreis |
Hergestellt in | USA |
PRS S2 Custom 24
Typ | moderne Allround-Gitarre |
---|---|
Bauweise |
Solidbody E-Gitarre
|
Korpus |
Mahagoni, Ahorndecke massiv (11 mm)
|
Hals |
Mahagoni, geleimt, rundlicher C-Querschnitt (PRS „Pattern Regular“)
|
Griffbrett |
Palisander, 10“-Radius; 24 Medium-Jumbo-Bünde
|
Mensur | 635 mm |
Halsbreite (Sattel)/12. Bund | 43 mm/52,5 mm |
Halsdicke 1. Bund/10. Bund | 20 mm/21,5 mm |
Mechaniken | PRS S2 Locking Tuner (14:1-Übersetzung) |
Sattel | Kunststoff (selbstschmierend) |
Brücke |
PRS S2-Vibrato
|
Tonabnehmer |
S2 Vintage Bass (Hals) & S2 HFS Treble (Steg) |
Kontrollfeld |
Volume, Tone (Push-Pull für Humbucker-Split), Dreiwegschalter |
Besonderheiten | Bird-Inlays serienmäßig |
Hergestellt in | USA |
Preise (UVP):
PRS S2 Mira: 1.299 €
PRS S2 Custom 24: 1.650 €
Wertung:
+ kraftvolle und dynamische Sounds
+ ausgezeichnete Bespielbarkeit
+ sehr gute Stimmstabilität
+ solide Verarbeitung
+ geringes Gewicht (S2 Mira)
+ tolles Preis-Leistungs-Verhältnis
- schon zu leichtgängige Dreiwegschalter
- sprödes Griffbrett und Kopflastigkeit (S2 Mira)
Info: PRS Guitars
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